Freitag, 5. April 2013

Grauzone in der Hundezucht

Nicht alles was legal ist, ist auch legitim.

Wenn man von Vermehrern in der Hundezucht spricht, hat jeder ein klares Bild vor Augen: das Halten von hunderten von Hunden unter schlechtesten Bedingungen; Hündinnnen, die mit Hormonen gespritzt werden, damit mindestens 2 Würfe pro Jahr dabei herauskommen; Welpen, die viel zu früh von den Muttertieren genommen werden; Verschläge, schlechtes Futter; und zu guter Letzt das Verschieben der ausgedienten Hunde von West nach Ost und Ost nach West, denn es gibt immer irgendwo noch schlechtere Bedingungen. Und dann sind da noch im Hinterkopf die Bilder der Märkte im Ostblock, in Belgien und Holland, wo man für wenig Geld diese Hunde kaufen kann. 

Vermehrer"farm" in Belgien. Hier vegetieren mehr als 800 Hunde


Unser Toni stammt von dort. Seine Augen spiegeln seine verletzte Seele
Aber wie definiert man eigentlich „Vermehrer“? Sind das wirklich nur die Billig- und Massenproduzenten? Wo fängt „Vermehren“ an? Wie werden Hunde überhaupt gezüchtet oder vermehrt?

Zwei ehemalige "Zucht"hündinnen auf dem Weg in ihr neues Leben

Fangen wir mal beim VDH an. VDH steht für „Verband für das Deutsche Hundewesen“ und fungiert als Dachorganisation für die verschiedenen Hunderassen und ihre Organisationen, siehe http://www.vdh.de. Der VDH legt Richtlinien fest, die ein Hundehalter erfüllen muss, um Hunde züchten zu dürfen. Unter anderem muss ein Sachkundenachweis erbracht werden, eine Zwingerabnahme durch den zuständigen Zuchtwart muss vorgenommen werden, Grundkenntnisse der Vererbungslehre müssen vorhanden sein, die Zuchtordnung muss eingehalten werden; des weiteren müssen Kenntnisse über Trächtigkeit und Geburt, der Aufzucht, Fütterung der Welpen, Wurmkuren und Impfungen etc. vorhanden sein. Kynologische (kýon „Hund“ und -logie ist die Lehre von Rassen, Zucht, Pflege, Verhalten, Erziehung und Krankheiten der Haushunde) Kennnisse sind absolut notwendig und man darf die Aspekte Platz, Zeit und Geld nicht außer Acht lassen.

Eine Reihe von Untersuchungen wie z. B. HD-, Herz-, Spondylose-, PRA-Untersuchungen, Ausdauerprüfung und Zuchttauglichkeitsprüfung sind zwingend vorgeschrieben; zudem muss bei einigen Rassen bei der Verpaarung mindestens ein Elternteil eine Prüfungsordnung IPO 1 vorweisen sowie weitere Prüfungen wie Begleithundeprüfung sowie diverse Einzel-Prüfungen natürlich die Körung. Dazu kommt der Besuch von Ausstellungen.

Werden all diese Bedingungen erfüllt, erklärt sich für den Laien nun zumindest der Kaufpreis, der erheblich über dem der Billigwelpen liegt. Natürlich gibt es auch im VDH schwarze Schafe aber es sind wenigstens die Mindestvoraussetzungen für eine vernünftige und verantwortungsvolle Zucht gegeben. Ganz nebenbei: Wikipedia beschreibt hier den Begriff Zucht: http://de.wikipedia.org/wiki/Zucht

Was macht nun jemand, der Hunde hat, die diesen Anforderungen nicht entsprechen? Der nicht die notwendige Auswahl der zu verpaarenden Elterntieren aufwendet? Der die notwendigen Untersuchungen nicht vornehmen sondern nur mal eben die Hunde beim Haustierarzt abchecken lässt und dem ahnungslosen Welpenkäufer dann suggeriert, die Hunde seien gesund; der die Kosten nicht aufbringen will? Seriöse Züchter führen die Befunde auf; auf den meisten HPs findet man aber nur den Hinweis HD- und Herzfehlerfrei oder PL Befund 0/0 oder PRA 0/0. 

Ein ehemaliger "Zucht"rüde, 6 Jahre alt. Er spürt das erste Mal in seinem Leben Gras unter seinen Pfoten, Sonne auf seinem Fell.
 Und hier beginnt für mich die Grauzone. Einfach 2 Hunde gleicher Rasse unter Missachtung genetischer Eigenschaften miteinander zu verpaaren, ist keine Zucht sondern Vermehrung. Wenn auf einen Rüden nicht zugegriffen werden kann, sondern lapidar gesagt wird, man habe genügend andere Rüden, auf die man zurückgreifen kann, dann hat das mit sorgfältiger Auswahl nichts zu tun, das ist Vermehrung. Der Besitzer einer Hündin der meint, seine Hündin solle auch einmal Welpen haben, ist für mich kein Züchter sondern ein Vermehrer, auch wenn die Besitzer die Welpen liebevoll und verantwortungsbewusst aufziehen und ihnen dadurch einen guten Start ins Leben bieten, was ohnehin selbstverständlich sein sollte.

Wenn ein „Züchter“ die Auflagen des VDH nicht erfüllen will oder kann und in einen Dissidenzverein abwandert, der nur geringe Auflagen hat, so ist das für mich Vermehrung.

Wenn bei einem „Züchter“ der vorgesehene Deckrüde die Hündin nicht decken kann und man auf einen anderen gerade verfügbaren Rüden zurückgreift, statt die Hündin leer zu lassen, dann hat das für mich nichts mehr mit Zucht zu tun sondern mit Vermehrung.

Endlich angekommen, mit 4 Jahren zum ersten Mal Hände spüren, die liebkosen.


8 Kommentare:

  1. Ein sehr interessanter Artikel zu einem sehr wichtigen Thema! Ich finde du hast absolut recht, wobei ich auch denke, dass es Hobbyzüchter gibt, die sich sehr wohl an die Vorlagen halten, vielleicht keine Ausstellungen besuchen aber dafür die BH abgelegt haben, und auch verantwortungsbewusst handeln, sich eben nur Hobbyzüchter nennen, weil sie nur alle zwei oder drei Jahre einen Wurf haben. Ich kenne auch viele VDH Züchter, die jedes Wochenende auf einer anderen Ausstellung sind und trotzdem der festen Übetzeugung sind, dass ihnen das Wohl der eigenen Hunde über alles geht. Den Stress, dem der Hund auf einer Ausstellung unter Umständen ausgesetzt ist, der wird dann einfach mal vergessen.

    Wie bei allem empfiehlt es sich wirklich genau hinzuschauen, bevor der Welpe/ Hund Einzug erhält.

    Liebste Grüße,
    -Lilly's Frauchen-

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  2. Danke für den Beitrag... Und ja, wie manche Hunde auch dadurch leiden müssen, ist nicht zu begreifen...
    Und es stimmt. Eine Gute Zucht zeichnet sich durch geplante und durchdachte Verpaarungen aus.

    LG,
    Clara

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  3. Hallo,
    wirklich ein super Beitrag - vielen Dank.

    Ich kann einfach nicht verstehen warum so viele Menschen nur auf das Geld aussind - aber nicht an das Wohl der Hunde denken. Immer und immer wieder die Hündin decken lassen - sowas geht gar nicht.

    Vielen Dank für den guten Bericht.

    LG Decos-Frauchen

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  4. Dein Bloggartikel zu dem Thema fand ich sehr interessant und ich finde es toll, dass du das Thema aufgegriffen hast. Durch die enge Freunschaft zu Chiru´s Züchterin durfte ich viel darüber lernen, was es bedeutet eine verantwortungsbewusste VDH-Zucht zu führen. Das genaue Gegenteil habe ich direkt um die Ecke - ein Hundevermehrer mit vielen kranken Hunden. Leider sind diese Hunde schnell verfügbar - was für mich ein Hauptproblem bei vielen Welpenkäufern ist. Man will nicht warten und "geiz ist geil"- was das für Folgen für die Tiere hat, davor werden die Augen ganz fest verschlossen. Das böse Erwachen kommt schnell...

    Bitte mehr Artikel von dieser Art!
    Liebe Grüße
    Sali

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  5. Ich bin tief berührt von Deinem Beitrag. Und wie recht Du hast. Nicht nur die Hundevermehrer aus dem osteuropäischen Ausland sind zu bestrafen. Aber auch unter Verbänden zuüchtende Menschen züchten nicht artgerecht. Ich kenne Hunde, die aus solchen Zuchten stammen. Ein Drama. Hier in der Nähe gibt es zwei Welpenvermittler, die Hunde aus derartigen Zuchten übernehmen und verkaufen. Mir sträuben suich die Nackenhaare.....

    Ich finde es wichtig immer wieder darauf hinzu weisen. Danke schön.

    Viele liebe Grüße

    Sabine mit Socke

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  6. Uff. Die Thematik ist mir nicht neu, aber dein Bericht ist - besonders mit den packenden Bildern - sehr intensiv und anrührend.

    Ganz liebe Grüße - auch Hochachtung - Monika mit dem Bente-Tier

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  7. Dein Post ist spitzenmässig!
    Leider ist für manche....... nur der Verdienst in Euro wichtig...und sonst nix...und leider gibt es wenig Handhabe etwas dagegen.
    Es würde nur etwas ändern, wenn nur Welpen von "richtigen und guten" Züchtern gekauft werden und dies sind leider Wunschträume
    Liebe Grüsse von Sylvia

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  8. So ein interessanter Bericht und sooo schöne Fotos! Wir fühlen mit allen Hundchen mit und wünschen stets das Beste :-) Eigentlich ist es gar nicht so schwer, gute Züchter zu finden, daher denke ich, die Nachfrage bestimmt das Angebot ... Sylvie mit Lucy

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