Der 1. Februar, der "dia del Galgo". Ende der Jagdsaison in
Spanien, einer jahrzehntelanger Tradition, veraltet und doch ein Teil
der spanischen Kultur. Ein Tag, der Jahr für Jahr für Ängste sorgt. Von
Jahr zu Jahr wird es schlimmer. Tausende Galgos werden wieder
aussortiert, Hunderte Galgos werden wieder vor den Toren der spanischen
Tierheime Schlange stehen. Das sind die Glücklichen, denn Hunderte
andere haben nicht solch ein Glück. Viele von ihnen werden einfach
ausgesetzt, teilweise mit üblen Verletzungen, alten Brüchen, offenen
Wunden.
Das gleiche passiert Jahr für Jahr in Italien. Ende der Jagdsaison.
Hier sind es die Setter und Pointer, die Segugio und anderen
italienischen Laufhunde, die aussortiert und weggeworfen werden. Auch
hier gibt es unbeschreibliches Leid. Einige von den "Streunern" werden
von den richtigen Menschen gesehen und diese Menschen lassen nichts
unversucht, um diesen fremden sensiblen Hunde zu helfen. Sie wissen
nichts über die Geschichten, die jeder von ihnen hat - sie kennen nur
das Leid.
Und hier beginnt die Geschichte von Tammy, einer kleinen jungen
Pointer Hündin, die das Glück hatte, von Tierschützern in den Bergen
Maltas gefunden zu werden. Mit der Hilfe dieser Tierschützer kam Tammy
nach Deutschland und damit zu uns.
Tammy, eine junge Hündin, geschätzt 2-3 Jahre, ein bildschönes
Pointer Mädchen. Meine Hunde hier, die Pfotengang, haben sie ohne zu
murren aufgenommen und ihr von Anfang an Sicherheit gegeben, ganz
besonders die kleinen Zwergpinscher.
Tammys Verhalten war geprägt von Angst und Misstrauen. Schnell
zeigte sich eine Verhaltensanomalien bei ihr, ein Zwingerkoller, auch
Hospitalismus genannt. Tammy kreiselte durch den Flur, die Treppe
hinunter, sie kreiselte über die Terrasse und durch den Garten. Sie
lebte unter permanentem Stress. Tammy hatte Angst vor dem Napf, egal
welche Farbe, welche Beschaffenheit. Tammy hatte Angst vor Dunkelheit.
Manch einer wird jetzt fragen "warum tut man einem Tier das an?"
und "wird sich das bessern?" Zum heutigen Stand, nachdem Tammy nun 3
Monate bei uns lebt kann ich nur antworten, dass ich es nicht weiss.
Aber ich weiss, dass sie sich ins Leben tastet. In winzig kleinen
Schritten, macnhmal auch zurück. Durch ihr Verhalten hat sie mir so viel
von ihrem früheren Leben erzählt: wie sie nachts auf der Suche nach
Futter und Wasser ins Dorf schlich, dort immer wieder verjagt wurde,
keine Sicherheit fand.
Hier fand sie als erstes Sicherheit auf dem Sofa. Tammy sagte:
"mein Sofa, meine Burg". Immer schön zusammen mit meinen anderen Hunden.
Besonders die kleine Pinscherhündin Honey hatte es ihr angetan. Dieses
große Giraffen-Baby, wie ich sie manchmal nenne, küschelte gnadenlos mit
Honey. Als nächstes eroberte sie sich einen Kennel. Kennel = Höhle. Da
konnte sie endlich entspannt fressen. Was mich auch erstaunte: sie fand
Sicherheit bei mir. Sie, die von Menschen nichts Gutes erfahren hatte,
suchte meine Nähe. Mit mir zusammen erkundete sie den Garten, mit mir
zusammen ging sie vorsichtig die Treppe hinunter, mit mir zusammen
verließ sie ihr Sofa. Und sie kam nachts ins Schlafzimmer, tapste ganz
vorsichtig aufs Bett und rollte sich still und leise zusammen.
An Spaziergängen, doppelt gesichert, hatte sie von Anfang an Spaß.
Hundebegegnungen waren ohne Probleme, auf Menschen konnte und kann sie
gut verzichten.
Und immer wieder gibt es kleine Überraschungen. Sagte
Tammy heute: "Alleine auf dem Sofa sitzen ist blöd. Da geh ich mal zu
den anderen ins Esszimmer". Setzte sich brav neben meinen Bruder,
schaute ihn mit herzerweichendem Blick an ... und schon wanderte die
Hand nach unten Sie bettelt sehr manierlich. So wie sie alles sehr
manierlich macht.
Schnee.
Dieses weisse Zeug hat Tammy hier zum ersten mal kennen gelernt. Und
bei Schnee verliert sie ihre Ängste, tobt und springt durch den Garten,
hat richtig Freude und wird zum kleinen Clown.
Tammys
Leben muss ruhig sein und klar strukturiert. Leise Töne sind wichtig,
ruhige Bewegungen. Immer der gleiche Ablauf. Wie es weiter geht mit ihr?
Keine Ahnung. Es wird ein sehr, sehr langer Weg, den wir zusammen
gehen. Noch immer gibt es im Haus und Garten - von der Welt draussen
will ich gar nicht sprechen - Ecken und Zimmer, die sie nicht kennt und
noch nicht entdecken möchte. Mit der Zeit wird sie auch diese betreten,
leise und vorsichtig. Ich denke, ich werde zum Pflegestellenversager
werden.
Die
Geschichte dieser Pointerhündin zeigt, dass es sich für jeden einzelnen
Hund lohnt. Diese Tiere geben so viel, man muss ihnen nur zuhören und
sich auf sie einlassen.